Begleite mich auf meiner Reise ans andere Ende der Welt
Nächstes Kapitel: Arbeit
Nächstes Kapitel: Arbeit

Nächstes Kapitel: Arbeit

Mein letzter Eintrag ist ein bisschen länger her als ursprünglich geplant, aber das passiert eben, wenn man plötzlich 10 Stunden am Tag arbeitet. Miene Reisezeit hat ein vorübergehendes Ende genommen und ich schreibe diesen Beitrag schon aus meinem neuen Zimmer.

Noch in Wellington verbrachte ich den Waitangi Day zur Gänze im Park neben dem Nationalmuseum in Wellington, wo diverse Showacts auf einer kleinen Bühne den ganzen Nachmittag füllten. Es war eine sehr angenehme Atmosphäre und durch einem der Foodtrucks kam ich auch in den Genuss von Hangi, dem traditionellen Māori Gericht. Wobei man eher sagen muss, der traditionellen Zubereitungsweise, denn es geht dabei eigentlich nur darum, dass Gemüse und Fleisch gemeinsam in einem Erdloch gekocht wird. Mein Fazit war: Kann man machen, muss man aber nicht – Aber vielleicht habe ich nur kein besonders gutes Beispiel davon gegessen. Immerhin jetzt kann ich auch diese Erfahrung abhaken.

Von Wellington aus ging es nach Napier, der Art Deco Hauptstadt Neuseelands. Rückblickend betrachtet bin ich sehr froh, dass ich dort – weil in Gisborne keine Hostels mehr frei waren – eine Nacht länger bleiben musste und mir so die Stadt ein bisschen besser anschauen konnte. Napier ist ein sehr herziges kleines Städtchen. Nach meiner Ankunft in Gisborne – etwa drei Autostunden nördlich von Napier -stellte ich fest, Gisborne war das vermutlich auch einmal, ist es aber jetzt eindeutiger nicht mehr.

Es hat schon irgendwie einen Grund, warum dies eine Ecke des Landes von den meisten Touristen eher auslassen wird, denn der erste Eindruck ist doch eher traurig und enttäuschend. Es wirkt wie die etwas heruntergekommene, ärmste Ecke des Landes und ist das vermutlich auch. Aber ich möchte das ganze nicht allzu schlecht reden, auch hier gibt es nette Eckchen und vor allem sehr viel schönen Strand. Die Auswahl an Freizeitbeschäftigungen ist zwar etwas rar, aber je länger ich hier bin, desto besser gefällt es mir. Außerdem ist es garnicht so schlecht fürs Börserl wenn man nicht an jeder Ecke Geld ausgeben kann und möchte.

Nach meiner Ankunft, breitete ich mich gleich einmal in meinem Zimmer aus, begutachtete unser Häuschen und lernte sowohl meine drei Mitbewohner, den Hund Ace und – besonders wichtig – mein Fahrrad kennen. Mit letzterem habe ich jetzt schon mehr Geschichte als mit all meinen anderen Mitbewohnern zusammen. Das beruht nicht nur darauf dass ich mit meinem Rad jeden Tag in die Arbeit und zurück fahre, sondern auch ein bisschen darauf dass meine Mitbewohner relativ wenig Interesse zeigen, mit mir zu interagieren. Aber vielleicht wird das ja noch besser.

Mein Rad war mir auf den ersten Blick gleich sehr sympathisch, es ist schon sehr fetzig. Vor allem in Kombination mit dem knallroten Helm. Doch unsere Beziehung hat sehr holprig angefangen, vielleicht hätten die deutlichen Anzeichen von Rost überall auf meinem Rad eine Warnung sein sollen. Gleich auf unserem ersten Ausflug zum Supermarkt zeigte es sein wahres Gesicht, denn ich verlor eines meiner Pedale. Mit allen Teilen in der Tasche schaffte ich es dann wieder nach Hause, wo mein Mitbewohner es wieder anschraubte. Problem gelöst – dachte ich zumindest. Es dauerte keine drei Tage da spürte ich es am Weg in die Arbeit wieder wackeln. Nachdem ich dann fast zu spät in die Arbeit kam, da mein Rad beschloss erneut sein Pedal abzuwerfen, stellte ich fest, dass der Bolzen mit dem das ganze befestigt war, kaum noch ein Gewinde hatte. Also musste ein neuer Bolzen her. Das war einfacher als gedacht, denn wenn man wen kennt, der wen kennt wird man zu einem Menschen geschickt, der in seinem Hinterhof Fahrräder repariert und so freundlich ist, einem einen Bolzen zu schenken. Problem gelöst, jetzt aber wirklich.

Wer denkt, meine Fahrradgeschichte wäre damit beendet, der irrt sich. Zu beginn meiner zweiten Woche warf es mich nämlich ab. Vermutlich hatte es etwas dagegen, im Regen in die Arbeit zu fahren, also war ein Abwerfen des Fahrers die einzig logische Option. Tja los geworden ist es mich so auch nicht. Mir ging es bis auf ein paar blaue Flecken und Kratzer gut, der Gangschaltung aber weniger. Nachdem ich aber nicht schon wieder den dubiosen Fahrrad Menschen besuchen wollte, versuchte ich selber mein Glück die Schaltung wieder einzustellen, mit Hilfe meines Mitbewohners. Wobei wir wohl eher Problemverschiebung als Problembehebung betrieben, aber jetzt kann ich fast alle Gänge benutzen. Ich werte das als Erfolg.

Einen deutlich weniger holprigen Starte hatte ich in die Arbeit – mein Hauptgrund überhaupt nach Gisborne zu kommen. Schon vor mehreren Monaten hatte ich einen Job in einem Weingut bekommen und den galt es jetzt anzutreten. Wer bei Weingut aber an einen kleinen Keller betrieb mit Trauben Stampfen und Trauben pflücken denkt, liegt aber nicht ganz richtig. Das hier war mehr Wein Großproduktion und gemeinsam mit den drei Schwesterbetrieben – die alle noch deutlich größer sind – wurden hier 25% des gesamten neuseeländischen Weins produziert. Da pflückt niemand mehr händisch, denn jeden Tag werden zwischen 300 und 600 Tonnen Trauben geliefert und verarbeitet. Deshalb wird in der Erntezeit 7 Wochen, 24h lang, in drei Schichten gearbeitet. Damit wir unsere innere Uhr nicht allzu sehr beleidigen, sind die schichten allerdings fix und ich bin in den letzten Wochen mit jedem Tag glücklicher darüber geworden, die Frühschicht von 7:00-17:30 bekommen zu haben.

Die ersten Arbeitstage verliefen sehr unsprktakulär, da sich die Ernte wetterbedingt ein bisschen nach hinten verschoben hatte. So hatten wir viel Zeit für Sicherheitseinschulung, Führung über das Gelände, Einschulung in alles mögliche, aber vor allen ganz viel Zeit zu tratschen. Achso entschuldige, teambuilding nennt sich das. Das wiederum führte dazu, dass wir die Möglichkeit hatten uns besser kennenzulernen und so ist unsere Schicht schon zu einem sehr netten Grüppchen zusammengewachsen. In meiner Crew sind etwa fünfzehn Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt – Argentinien, Japan, USA, Kanada, Deutschland, Philippinen und England.

Unserer spärlich gesäte Freizeit – jeder hat nur einen Tag die Woche, entweder Sonntag oder Montag frei – verbrachten wir auch viel zusammen, vor allem am Strand. Hier habe ich auch meine Surfing Laufbahn weiterführen können, wenn man nur 5 Gehminuten vom Strand entfernt arbeitet, muss man das ja schon ausnutzen. Wenn ich nicht mit meinen Arbeitskolleginnen am Strand war habe ich in den letzten Wochen meine Motivation für Kochen und Backen wieder aufleben lassen können, besonders weil ich jetzt wieder eine eigene Küche zur Verfügung habe. In den letzten Monaten hatte ich viele Rezepte gesammelt, die es auszuprobieren galt und so habe ich besonders in den ersten eineinhalb Wochen jeden Abend sehr gut gekocht. Danach wurde ich ein bisschen gebremst, da wir ab Woche eineinhalb Morning Tea und Mittagessen in der Arbeit bekamen und so mein Bedarf an Essen großteils davon gedeckt wurde.

Meine Arbeit besteht darin dafür zu Sorgen dass Hefe in den Wein kommt und so bin ich, gemeinsam mit meiner direkten Teamkollegin, für einen der wichtigsten Schritte verantwortlich. Es ist ein interessanter Job, wir haben nur oft nicht allzu viel zu tun und verbringen einige Zeit damit, so zu tun als würden wir arbeiten damit wir vor dem Chef Chef nicht allzu untätig wirken. Aber ab sich gefällt es mir sehr gut einen Einblick in die Welt des Weines zubekommen. Auch die 60h Woche ist weniger schlimm als sie klingt, vor allem weil das Angebot an Freizeitaktivitäten hier deutlich eingeschränkt ist. Trotzdem, länger als zwei Monate muss ich das nicht unbedingt machen, denn mit jeder Woche stelle ich mehr fest, 60h sind auf Dauer schon deutlich zu viel. Ich habe inzwischen schon fast die Halbzeit meiner Zeit hier erreicht und die Zeit ist vergangen wie im Flug. Ich kann nicht sagen wann ich mich das nächste mal melde, aber vielleicht nicht vor beginn des nächsten Kapitels meiner Reise.

One comment

  1. Christopher

    Hallo Hannah.

    Da muss ich mich jetzt doch auch einmal hier melden. Zuerst einmal: Wow. Was du alles erlebst. Vielen Dank für das Teilen deiner Erlebnisse und der tollen Fotos.

    Das dein Fahrrad etwas zickt liegt offenbar am Metall. Als Kunststofftechnikerin hat man bei losen Bolzen und defekten Gangschaltungen einfach wenig Chancen. Vielleicht dann doch auf Laufschuhe mit PU-Sohle wechseln? ;- )

    Dein Job hört sich zwar inhaltlich entspannt an, aber 60 Stunden sind wirklich ganz schön viel.
    Wusstest du das vorher?

    Bist du da jetzt eigentlich wie erhofft im Analytiklabor gelandet? Oder läuft das mit der Hefezugabe eher weniger wissenschaftlich?
    (Hefe im Wein ist mir übrigens neu, aber da kenne ich mich auch nicht wirklich aus. Da freue ich mich schon, über weitere verfahrenstechnische Einblicke. 😄)

    Lass es dir trotz der vielen Arbeit gut gehen und ich freue mich schon auf viele weitere Erzählungen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert