Die Legende besagt, dass der Halbgott Maui vor langer Zeit mit seinen Brüdern fischen war und mit dem magischen Angelhaken aus dem Kieferknochen eines seiner Vorfahren einen riesigen Fisch angelte. Als sie den Fisch aus dem Wasser zogen stellten sie fest, dass es tatsächlich ein großes Stück Land war, nämlich die Nordinsel Neuseelands. Die Südinsel selbst ist Maui’s Kanu und das sehr viel kleinere Stewart Island der Anker des Kanus. Aber nicht nur der Anker, sondern auch meine nächste Destination.
Um auf diese kleinere Insel im Süden der Südinsel zu kommen, legte ich einen Zwischenstopp in Bluff ein, auch um Stirling Point zu besuchen, den angeblich südlichsten Punkt der Südinsel. Dass das tatsächlich der südlichste Punkt ist, ist übrigens ein Blödsinn, aber Cape Reinga war ja auch nicht der nördlichste Punkt der Nordinsel also verschließen wir vor diesen Feinheiten einfach mal die Augen. Übrigens, wer sich jetzt – wie ich – fragt, wie weit nördlich ich zu diesem Zeitpunkt auf dem selben Längengrad der nördlichen Hemisphäre gewesen wäre: Ca auf Höhe Klagenfurt. Meine Letzte Nacht vor der Fährfahrt nach Oban verbrachte ich also in Bluff in einem sehr heruntergekommenen Hostel, das einstig das Postamt des Ortes war. Bei meiner Ankunft war es grau und bewölkt was sehr gut zur Atmosphäre des etwas heruntergekommenen Örtchens passte. Angeblich leben dort nicht viele Leute und die, die dort wohnen sind größtenteils Fischer.
Auf meinem Weg nach Bluff hatte ich ein paar Stunden in Invercargill verbracht um mich auf mein nächstes kleines Abenteuer vorzubereiten, eine dreitägige Wanderung auf Stewart Island. Den Schlafsack hatte ich schon, aber dann kamen noch ein Gaskocher und Essensvorräte für die nächsten drei Tage ins Gepäck dazu. Alles was ich in diesen drei Tagen nicht unbedingt mit mir herumtragen wollte, deponierte ich in Invercargill.
Angekommen auf der Insel ging es also los. Zunächst aber mit ein bisschen Startschwierigkeiten, denn die Trinkblase in meinem Rucksack beschloss, alles unter Wasser setzen zu müssen. Aber auch dieses Problem war bald behoben und so ging es los, alleine durch den Urwald Rakiuras. Vor meiner Ankunft hatte man mir gesagt, wenn ich Glück hätte würde ich einen Kiwi sehen. Nach meiner ersten Etappe lernte ich in der North Arm Hütte eine andere Wanderin kennen, die den Rundweg in die selbe Richtung bestritt wie ich – die seltener genutzte Richtung, aber unserer Meinung nach die bessere. So hatte ich an Tag zwei und drei eine Wegbegleiterin. Die gesamte Wanderung war zwar sehr gatschig aber es waren sehr schöne 37 km durch den Urwald und entlang diverser Buchten Rakiuras. Unser Erfolg im Hinblick auf Wildtierbeobachtungen wurde auch mit jedem Tag größer, so sahen wir an unserem zweiten Tag einen Kiwi und an Tag Drei wurden wir neben zwei Reh-Sichtungen auch Zeugen eines Kiwi Streits. Alles in allem also mehr als Erfolgreich!
Zurück aufs “Festland” Ging es für mich dann mit dem Flugzeug – einer kleinen 10 Personen Propellermaschine – direkt nach Invercargill, in ein Hostel das in einem persönlichen Hostel Ranking sehr, sehr weit oben ist. Das Southern Comfort Backpackers wirkte eher wie ein großes Familienanwesen und hatte mit seinem Erker in der Küche, dem gemütlichen Wohnzimmer und dem täglich frischen Kuchen eine sehr starke “Besuch bei der Oma” Stimmung. Aus der geplanten einen Nacht dort wurden doch zwei und so erkundete ich den Ort und versuchte mir eine Mitfahrgelegenheit nach Queenstown zu organisieren. Mit scheinbarem Erfolg, nur damit ich dann lernte, dass es auch in Neuseeland (auf Facebook) Menschen gibt, die einen einfach nur über den Tisch ziehen wollen. Aber zum Glück war es im Endeffekt doch kein allzu gut gemachter Scam und so verlor ich in der Geschichte nur ca eine Stunde Lebenszeit und ein paar Nerven. Also ging es wieder per Autostopp Richtung Norden. In diesem Fall war das die deutlich bessere Entscheidung, da ich so einen Briten kennenlernte, der meine Reiseroute teilte und mir so im Laufer der darauffolgenden Tage noch öfter eine Mitfahrgelegenheit anbot.
Im Allgemeinen war meine Reise Richtung Norden eher entspannt. Schön langsam geht mein Urlaub nämlich dem Ende zu. Das bedeutet aber nicht, dass ich schon wieder am Weg in die Heimat bin, nur dass ich nicht einmal mehr eine Woche habe, bevor ich anfange zu arbeiten. Dazu muss ich aber auch zuerst einmal nach Gisborne kommen, wo mein neues WG-Zimmer und mein Job in der Weinherstellung auf mich warten. Um das hier geografisch in Relation zu setzen, Gisborne liegt am nordöstlichen Ende der Nordinsel, also sehr weit weg von Rakiura/Steward Island. Aus diesen Gründen ist meine Reise nach Norden sehr von dem Gefühl geprägt, allen schönen Orten, durch die ich noch einmal durchfahre Baba zu sagen, ein paar letzte kleine To Dos abzuhaken und mich von der Südinsel zu verabschieden. Wer weiß, ob ich dort noch einmal wieder hin zurückkomme.
In Queenstown wanderte ich hinauf zur Gondel Station – man muss ja Geld sparen und Bewegung machen – und dann noch ein bisschen Weiter und schaute mir die Stadt von oben an. Am Weg hinunter gab es Real Fruit Icecream – man muss ja nicht an allen Enden sparen – und am Abend durfte ich wieder einmal einen sehr atmosphärischen Sonnenuntergang mit Pianomusik am Strand miterleben.
Aus Queenstown ging es weiter nach Oamaru, ein kleiner Ort an der Ostküste, der aus zwei Gründen auf der Bucket Liste Stand: Es gibt dort ganz viele Pinguine und einer meiner Northland Road-trip Bekanntschaften hatte dort eine Stelle als Learning Assistant in einer Schule angenommen. Ursprünglich befürchtete ich schon, ich könnte statt meiner geplanten zwei Nächte doch nur eine Nacht dort bleiben, da alle Hostels des Ortes ausgebucht waren. Doch ich hatte Glück und traf auf halben Weg nach Oamaru eine nette, junge Kiwi Frau, die mir anbot, die zweite Nacht in ihrem Gästezimmer zu schlafen. So hatte ich zwei Nächte in Oamaru, konnte meine Freunde von Anfang der Reise wieder sehen, Oamaru besichtigen, sehr gute Pizza essen und dank meiner Kiwi Bekanntschaft sogar eine neuseeländische Spezialität kosten: Paua. Eine große Muschel, die man sehr selten in Restaurants zu essen bekommt, die man aber relativ einfach selber sammeln kann – wenn man weiß wo und wie. Ich habe sie nicht selber gesammelt, aber ich konnte sie kosten und durfte die Muschelschale als Andenken mitnehmen.
Weiter ging es für mich zu meinem letzen Stopp auf der Südinsel: zurück nach Christchurch. Dort fand zu dem Zeitpunkt gerade das World Buskers Festival Statt. Eine Woche voll täglicher Straßenkünstler-Acts für die man zahlen konnte soviel man konnte und wollte. Außerdem hatte ich noch einen Gutschein für eine Kayak Tour in Akaroa, einen kleinen Ort auf der Halbinsel vor Christchurch, da die Tour bei meinem letzten Besuch in der Stadt auf Grund von Schlechtwetter abgesagt wurde. Mein letztes To Do in Christchurch hakte ich dann an meinem letzten Tag dort ab: Einen Besuch der Roten Zone. Wie ich schon einmal erzählt habe, wurde die Stadt 2010 und 2011 durch zwei große und viele kleine darauf folgende Erdbeben zu ca 70% zerstört. Seither wurde viel Zeit und Geld in einen Wiederaufbau gesteckt, doch nicht alles wurde wieder aufgebaut. Die Rote Zone ist ein Teil der Stadt, in dem zwar den Schutt und die zerstörten Häuser weggeräumt worden war, aber der Natur danach freien lauf gelassen wurde. So schaut die Zone inzwischen auf den ersten Blick aus, wie eine große Parkanlage, aber wenn man genauer hinschaut, erkennt man doch noch Straßen, Gehsteige, Einfahrten, Strommasten und Stromkästen. Ich habe mir sagen lassen, es erinnert sehr an The Walking Dead und kann bestätigen, man fühlt sich als wäre man in einer postapokalyptischen Szenerie gelandet.
Nach diesem Ausflug ging es für mich zum Flughafen. Nächstes Ziel: Wellington. Das War wohl der kürzeste Flug in einem großen kommerziellen Flugzeug, den ich je hatte, die Strecke Christchurch-Wellington sind ca 40min Flugzeit. Aber warum Fliegen? – Hauptsächlich darum, weil oder Flug billiger war, als die Fähre und ich mir so auch die ca 5h Autofahrt nach Picton und die 3h auf der Fährt sparen konnte.
So bin ich jetzt wieder in Wellington und werde heute noch den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag, dem Waitangi Day bewohnen bevor es morgen (wieder mit dem Briten – eine seht praktische Bekanntschaft muss ich schon sagen) weiter Richtung Norden geht.
In diesen letzten zwei Wochen ist mir sehr bewusst geworden, wie froh ich darüber bin, mir nicht an irgendeinem Punkt meiner Reise ein Auto gekauft zu haben. Durch meine Autostopp Erfahrungen und Hostel-Aufenthalte habe ich unglaublich nette Menschen kennengelernt und einen Einblick in das Kiwi-Leben bekommen, den ich sonst nie bekommen hätte. Im allgemeinen sind die Menschen hier sehr viel gemütlicher und offener als zuhause und alles ist ein bisschen mehr wurscht. Vielleicht hängt das natürlich auch mit meiner Reise-Situation zusammen, aber ich habe den Eindruck, dass das schon eher die allgemeine Einstellung der Kiwis hier ist. Alles hat seine Zeit und man braucht sich nicht stressen, das ist der Eindruck den ich in den letzen Monaten vom Land bekommen habe. Meine Reise-Zeit geht vorübergehend einmal dem Ende zu und wenn meine Pläne aufgehen, habe ich die Halbzeit in meiner Zeit weg von Zuhause erreicht. Für mich fühlt es sich jetzt gerade aber mehr wie das Ende an, da das erste Kapitel meiner Reise zu Ende geht und ich es nicht gewohnt bin, nach einem Kapitel nicht nach Hause zu kommen. Aber auch das ist nur ein neues Abenteuer. Ich habe die Zeit des Herumreisens sehr genossen, aber ich freue mich jetzt wieder auf ein bisschen Stabilität, auf Routine und ein Zimmer, aus dem ich nicht in ein bis drei Tagen wieder ausziehen muss.








































